Schöne Verien!

Vegan verreisen mit Kindern

von Katrin Kasper

FOTOS: UDO TAUBITZ; CHRISTINE POHL; WWW.VEGANSURFCAMP:COM (2) 


Verreisen mit Kindern ist wie eine Gleichung mit unzähligen Variablen. Und dann noch vegan? Das grenzt an unmöglich. Wir haben es trotzdem versucht – und drei tolle Lösungen gefunden


Mit unseren drei Töchtern – die Jüngste ist sechs, die Älteste 13 – haben wir nun schon einige Erfahrung im veganen Reisen. Wir sind mit den beiden Großen per Bahn quer durch Indien gereist, haben auf einer Veggie-Finca in Andalusien die Mittelohrentzündung unseres Babys durchgestanden und sind nach drei Tagen bei 13 Grad und Dauerregen aus einer mecklenburgischen Waldhütte geflohen.
Doch drei europäische Reiseziele haben uns besonders überzeugt: ein schwedisches Öko-Feriendorf, ein Surfcamp in Südfrankreich und ein Yoga-Ashram an der Nordsee. So unterschiedlich die Locations auch sind, etwas eint sie doch alle: Engagierte Menschen ermöglichen hier einen Tourismus, der nicht nur der ganzen Familie Spaß macht, sondern auch sanft ist zu Mensch, Natur und Tieren. Auch beim Essen.



Ferien wie in Bullerbü

Weite Wälder und Wiesen, klare Seen, rot-weiße Holzhäuschen und semmelblonde Kinder: Wem die Bullerbü-Idylle Astrid Lindgrens gefällt, der wird „Lilla Sverigebyn“ – auf Deutsch: das kleine Schwedendorf – lieben. Gegründet haben es deutsche Aussteiger, die vor gut zehn Jahren im südschwedischen Småland drei verlassene Bauernhöfe restauriert und zur Ferienanlage ausgebaut haben. Tatsächlich wurde auch die berühmte Kinderbuchautorin in der Nähe geboren, man kann sogar den Filmset von „Michel aus Lönneberga“ besichtigen.
Nach der Anfahrt zum Feriendorf durch die unberührte Natur kommen wir in einem der schmucken Haupthäuser unter. Statt auspacken wollen unsere Kids sofort raus: zu Trampolin, Spielhaus, Scheunenkino, Mal- und Bastelhütte – und vor allem zu den Hunden, Katzen, Ziegen und Schafen, die hier frei herumlaufen. Denn Kinder- und Tierfreundlichkeit sind in dem veganen Öko-Feriendorf Programm. Platz dafür gibt es reichlich, man kann auch sein eigenes Wohnmobil mitbringen oder zelten.
Camper-Mentalität ist auch im Haus mit Gemeinschaftsduschen und -küche gefragt. Im Café gibt es selbst gemachtes Eis und an der Rezeption vegane Hotdogs, ansonsten ist man auf das nahe gelegene Vimmerby angewiesen. Dem dortigen Chinesen zu erklären, was vegan heißt, ist nicht die leichteste Aufgabe. Also kochen wir abends lieber zusammen mit den anderen Gästen Nudeln und Tomatensoße. Und freuen uns aufs Frühstücksbuffet: Soja-, Mandel- und Hafermilch, selbst gemachte Aufstriche, Müsli, frisches Obst, veganer Käse und Aufschnitt – herrlich normal!

Kinderhaus, Schamanenzelt, Museum:
Es ist viel los in Schweden
 


// Lilla Sverigebyn, Vimmerby / Schweden //

Holzhütte für drei Personen ab ca. 140 Euro pro Nacht inkl. Frühstück.

www.sverigebyn.se



Eat, surf, love

Gleich hinter dem breiten Sandstrand der südfranzösischen Atlantikküste, auf einem Drei-Sterne-Campingplatz im Pinienwald, zieht der Umwelt-Verein L’Amour de la Terre von Mai bis September ein veganes Surfcamp auf: Hängematten, Strandholz-Bar, Paletten-Sofas, Kinder-Tipi und Trampolin, Komfortzelte mit Luftmatratzen und sogar mobile Bungalows. So einen wählen wir – sein Mini-Bad erspart uns nächtliches Pendeln mit den Kindern zu den Campingplatz-Toiletten. Unsere Kochnische brauchen wir allerdings kaum: Im großen Küchenzelt des Camps gibt’s veganes Bio-Essen für alle.
Beim Frühstück stürzen sich unsere Mädels auf Baguette und Marmelade, wir Eltern schwelgen in Homemade-Aufstrichen, Porridge und Miso-Suppe. Fürs Mittagessen darf man sich was einpacken. Abends lockt ein üppiges Buffet: Suppe, Knobi-Baguette, gebratenes Gemüse, Seitan mit Pilzen, Reis-Burger – sogar Sushi ist mal dabei. Extra für Kinder gibt es Käse-Makkaroni, Würstchen und Fritten. Aber vorher heißt es: anstehen in der 100-Leute-Schlange! Zum Glück richtet das freundliche Team nach ein paar Tagen eine zweite Ausgabestelle ein. Surfen macht hungrig!
Unsere beiden Großen absolvieren einen Anfängerkurs. Die Kleine geht lieber mit Papa in der nahen Flussmündung planschen – eine ruhige Alternative zum rauen Atlantik. Auch sonst ist immer was los im Camp: Kochkurse, Strandspiele, Pingpong-Wettbewerbe, Party- und Kinoabende oder gemeinsame Ausflüge nach San Sebastian und Biarritz.
Den größten Eifer entfalten unsere Kinder jedoch bei der wöchentlichen Strandreinigung. Die Große kommt mit der vollsten Tüte zurück, sie gewinnt einen 25-Euro-Gutschein für veganes Shoppen. So geht Glück.

Im Essenszelt hockt man entspannt auf Sitzkissen 


// Vegan Surf Camp, Moliets-Plage / Frankreich //

Komfortzelt für zwei Erwachsene und ein Kind ab 650 Euro pro Woche inkl. Vollpension. www.vegansurfcamp.com



Karma und Meer

Ferien im Ashram, aber nicht in Indien, sondern an der Nordsee? Nur mit Mühe kann ich Mann und Kinder zum Trip ins Seminarhaus von Yoga Vidya im ostfriesischen Wangerland bewegen: Das Singen spiritueller Lieder gehört nicht unbedingt zu ihren Urlaubsfantasien. Doch der kilometerlange, breite Sandstrand von Schillig lockt auch zum Muschelnsammeln.
In einem ehemaligen Bauernhaus bietet Yoga Vidya ein Familien-Ferienprogramm. Die Yoga-Stunden sind  entspannend, Räucherkerzen und Hindugötter sorgen für New-Age-Vibes. Während wir Eltern meditieren und unsere Glieder strecken, machen die Kids mit Betreuerin Claudia den „Quatsch-Sonnengruß“, experimentieren mit Wasser in Klangschalen, basteln Papier-Lotusblüten und reden über Gefühle. Erst im Speisesaal sehen wir unsere Mädels wieder.
Die göttliche Energie scheint zu wirken: Ohne zu murren laden sich die Kinder am Buffet die Teller voll. Dabei gibt es weder Pommes noch Nudeln, sondern Kicheri (ein Reis-Bohnen-Brei), gefüllte Paprika, gebackene Kartoffeln, Curry, Hirsebrei, frisch gebackenes Rosinenbrot – und eine Käseplatte: Die Gemeinschaft hier lebt lacto-vegetarisch. Obwohl Kuhmilch in Zeiten der Massentierhaltung als nicht sattvisch, also unrein gilt, wie wir beim abendlichen Satsang erfahren. Aber auch Yogis sind nur Menschen – und die Auswahl an veganen Alternativen ist groß.
Nach dem Essen spielen wir in der Kaminecke unter dem Elefantenkopf des Hindugotts Ganesha Uno. Und freuen uns auf den Nachmittag: mehr Yoga, Spaziergänge und weitere Kinderbetreuung!

Programm für die ganze Familie bei Yoga Vidya an der Nordsee:

Die „Kobra“ stärkt auch Kindern den Rücken


// Yoga Vidya Seminarhaus Nordsee //

Übernachtung für zwei Erwachsene und ein Kind ab ca. 120 Euro pro Nacht inkl. Verpflegung und Familienprogramm. Mithelfende „Karma-Yogis“ erhalten freien Aufenthalt.

www.yoga-vidya.de/center/haus-nordsee



// VEGGIE-HOTELFÜHRER //

Das Onlineportal www.veggie-hotels.de listet über 500 Hotels weltweit auf. Man kann nach Ländern suchen, ob die Küche rein vegan sein soll und Kinder willkommen sind. Gebucht wird direkt über den Anbieter. Auf www.vegan-welcome.com findet sich eine große Auswahl an Häusern mit Veggie-Angebot. Tipp: Im Vorfeld möglichst genau klären, was einen vor Ort erwartet und was nicht.

 



// FÜR UNTERWEGS //

Proviant ist das A und O, wenn wir mit Kindern unterwegs sind. Denn Unterzuckerung macht aus Kindern Nervensägen. Wir bereiten längere Trips immer gut vor, indem wir säckeweise Nüsse und Trockenfrüchte mischen, Berge von Stullen schmieren, Rohkost-Sticks schnippeln und auch ein paar Kekse oder Riegel einpacken. Das erfordert im Vorfeld etwas mehr Planung und Mühe, bringt aber später entspannteres Reisen, weil wir nicht auf die – oft lausigen – Verpflegungsangebote unterwegs angewiesen sind.