Die Tofu-Manufaktur Christian Nagel gilt vor allem
in Norddeutschland als Vorreiter und Garant für Qualität – die Produkte gibt’s aber auch im Süden
von Dirk Müller
FOTOS: TOFUMANUFAKTUR NAGEL
Hamburg im Sommer 1984: Der junge Elektriker und werdende Vater Christian Nagel geht in einem Bioladen einkaufen und trifft dort zufällig einen Mann namens Reinhard Schubert, der den Laden gerade mit etwas Tofu beliefert. Der durch Eiweißgerinnung gewonnene Quark aus der Sojabohne, in Asien seit Jahrhunderten ein Grundnahrungsmittel, ist in Deutschland nahezu unbekannt – doch Christian Nagel kennt die Substanz: Als Anhänger der zu dieser Zeit populären Makrobiotik, die tierische Fette ebenso wie Industriezucker ablehnt, experimentiert er in der heimischen Küche schon länger mit Soja. Im Gespräch mit Schubert erfährt er, dass dieser eine kleine Tofurei besitzt, aber auf Tofumachen eigentlich keine Lust mehr hat – lieber wolle er aussteigen und in einem Zen-Kloster meditieren. Christian Nagel überlegt nicht lange: Er übernimmt die Tofurei, und noch im August haben er und seine Frau Andrea zwei Babys: ihren ersten Sohn – und die kleine Tofu-Manufaktur.
immer neue Rezepte - damals wie heute
Der Vertrieb startet schleppend: Christian Nagel muss die meisten Hamburger Bioladenbesitzer erst mal davon überzeugen, sich einen Kühlschrank anzuschaffen. Doch nach und nach wächst die Anzahl der Kunden, und neben den Bioläden steigen einige Reformhäuser und der damals erste deutsche Naturkost-Großhandel als Abnehmer von Nagels Naturtofu ein. Flankierend geben die beiden Pioniere makrobiotische Koch- und Tofu-Zubereitungskurse, und Andrea Nagel entwickelt immer neue Tofurezepte (was sie heute noch leidenschaftlich gern tut), die sie den Tofupackungen beifügt.
Produziert wird der Tofu anfangs im ersten Stock eines Hinterhauses in Hamburg-Altona, die Startausrüstung besteht aus einem Herd mit Kochtopf, einer Presse, einem Schneidetisch und einer Spüle. Für die Räuchertofu-Produktion kommt später ein Ofen hinzu, und in der Versuchsküche entstehen immer neue Tofuvariationen etwa mit Kräutern und Gewürzen, Pilzen und Nüssen. Ein Umzug in eine frühere Bäckerei vergrößert die Manufaktur, doch 1999 können auch die neuen Produktionsräume mit der Nachfrage nicht mehr Schritt halten. Die neuerliche Raumsuche erweist sich als schwierig, und so kommt das Angebot alter Freunde recht, den Tofu – natürlich nach den Rezepturen von Tofu-Nagel – in deren Firma herstellen zu lassen.

Christian Nagels brodelnde Tofu-Küche. Ein Teil des Kernteams mit Andrea Nagel (ganz links) vor dem Firmensitz in Ellerbek
Verkaufsschlager "vegibelle"
Selbst produziert wird am heutigen Firmenstandort in Ellerbek bei Hamburg also nicht mehr – doch die Entwicklung immer neuer Rezepturen, die Warenannahme, das Labeln, Kommissionieren, der Verkauf, Versand und das Marketing, all das ist nach wie vor Aufgabe der Nagels und ihres zehnköpfigen Teams.
Neben dem Natur-Tofu als absoluten Klassiker hat sich der „Vegibelle“ zum Verkaufsschlager entwickelt: Eine Erfindung von Andrea Nagels Vater, der als ehemaliger Molkereimeister und Käsehersteller nach langem Experimentieren mit Sojamilch und Starterkulturen auf pflanzlichem Nährboden einen veganen Tofukäse entwickelte, der in Konsistenz und Geschmack sehr einem milden Fetakäse ähnelt.
Wichtig für die Nagels: Jeglicher Tofu ist 100 Prozent Bio. Hauptlieferanten sind neben Betrieben in Mitteleuropa (v. a. für den Vegibelle) zertifizierte Bio-Bauern aus dem Tofu-Mutterland China. Aus guter Erfahrung unterstütze man die dortige Bio-Landwirtschaft, betont Andrea Nagel, und die streng kontrollierte Qualität sei hervorragend.
Tofu ist die Zukunft – und dieses Wissen wollen die Nagels auch weitergeben (s. Interview unten).
// Kurzinfo Tofu Nagel //
Die Tofu-Manufaktur Christan Nagel GmbH ist als Anbieter von Tofu-, Seitan- und Tempehprodukten vor allem in Norddeutschland eine feste Größe. Das Sortiment umfasst derzeit ca. 50 Produkte, von
Natur-, Kräuter- und Algentofu über Tofu-Kroketten bis hin zu Seitangulasch und Hummus-Brotaufstriche. Als Gerinnungsmittel wird ausschließlich hochwertiges Nigari (ohne Synthetik)
verwendet.
Alle Produkte gibt’s auch im Onlineshop: shop.tofunagel.de Weitere Infos: www.tofunagel.de
// REZEPT //
Chili con
Tofu
Zutaten für 4 Portionen: 500 g NAGEL Nigari Tofu Madagaskar, 150 g gekochte Kidneybohnen, 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 2 grüne Paprika, 4 Tomaten, 2 EL
Tomatenmark, 1 Chilischote, 500 ml Gemüsebrühe, 4 Soja- oder Hafer-Cuisine, Salz, Pfeffer
So geht es:
- Tofu mit der Hand zerbröseln. Zwiebeln grob würfeln, Knoblauchzehen fein hacken. Paprika in Scheiben schneiden. Chilischote fein würfeln. Tomaten grob würfeln.
- Tofu in Öl knusprig braten. Bohnen und Chili dazugeben. Zwiebeln mit der Knoblauchzehe anbraten und Paprika dazugeben. Nach 3 Min. die Tomaten dazugeben. Mit Gemüsebrühe auffüllen und mit Salz und Pfeffer würzen. 10 Min. köcheln.
- 1 EL Soja- oder Hafer-Cuisine auf jede Portion geben, servieren
interview mit Andrea nagel (Tofu-Manufaktur C. nagel)
„Beitrag für die Zukunft“
Andrea, kann man sagen, dass ihr euch den Pioniergeist auch nach über 30 Jahren erhalten habt?
Auf jeden Fall! In unserer Versuchsküche entwickeln wir nach wie vor immer neue Rezepturen. Und auch unsere Überzeugung, dass wir mit Tofu einen Beitrag für die Zukunft leisten und eine nachhaltige Alternative zur ressourcenintensiven Tierwirtschaft bieten, ist geblieben.
Dein Wissen über Tofu und über die vegane Küche gibst du auch weiter, richtig?
Ja, ich gebe seit vielen Jahren Tofu-Zubereitungskurse und Lehrgänge zum Naturkost-Fachberater. Und vegane Kochkurse in Hamburger Schulen. Das Interesse und die Offenheit der Kinder sind enorm!
Trägst du das Wissen auch in der eigenen Familie weiter?
Klar! Unsere drei erwachsenen Söhne sind ja damit groß geworden, und auch unsere zehnjährige Enkelin hilft auf Messen schon eifrig mit.