Alles Fritz! Das Interview

Das Interview

Mirco Wolf Wiegert ist Gründer und Chef der veganen Kult-Getränkemarke fritz-kola. Er verrät, was ihm Erfolg bedeutet, welche Pläne er hat – und was er von Bio und Vegan hält


von Dirk Müller

FOTOS: DIRK MÜLLER


Mirco, gut 13 Jahre hast du gemeinsam mit Lorenz Hampl das Projekt fritz-kola erfolgreich vorangetrieben, Ende 2016 ist Lorenz ausgestiegen, um mal was anderes zu machen, zu reisen … Hast du schon mal daran gedacht, es ihm gleichzutun?

Mirco Wolf Wiegert: Doch, klar! Gerade so um die 40 – ich bin jetzt 41, Lorenz 40 – kommt man gern mal ins Grübeln, ob’s nicht mal Zeit wäre für ganz andere Sachen. Aber ich hab nach wie vor Spaß dran, fritz-kola weiter zu etablieren und neue Produkte mitzuentwickeln.


Und wie ist das zu schaffen, so als Gründer, Geschäftsführer und Gesellschafter in einer Person?

Wir sind auf der Leitungsebene sehr gut aufgestellt, flache Hierarchien, gut aufgeteilte Verantwortung. Ich selbst komme auf etwa 50 bis 60  Wochenstunden, da ist das Wochenende schon mit eingerechnet.


Schaffst du es, ganz abzuschalten?

Na sicher! Zum Beispiel beim Joggen um die Alster oder quer durch die Stadt, da lernt man immer neue Ecken von Hamburg kennen. Am liebsten bin ich nachts unterwegs.


Du joggst nachts?

Ja, so zwischen drei und vier. Da kommt man komplett runter.


Und was treibt dich an? Jedenfalls siehst du nicht aus wie jemand, der mit der dicken Brieftasche prahlt.

Gut beobachtet! Geld sehe ich tatsächlich nicht als guten Motivator. Also als Absicherung und für ein bestimmtes Maß an Wohlstand schon, aber darüber hinaus nicht. Ab einem bestimmten Einkommen macht Geld nicht noch glücklicher, egal wie viel. Dazu gibt’s ja etliche Studien. Ich brauche auch diese ganzen VIP-Veranstaltungen und einen Großteil der üblichen Publicity nicht. Dafür kann ich tagsüber unbehelligt durch meine Stadt radeln, das ist sehr angenehm.


Was motiviert dich dann ganz ­persönlich – der Erfolg?

Erfolg ist zweischneidig, er kann auch gefährlich sein. Mit Erfolg kann man leicht die Bodenhaftung verlieren und blind oder arrogant werden. Oder beides. Eigentlich motiviert mich eher die Anerkennung.


Die Anerkennung, ein Kultgetränk geschaffen zu haben …

Na ja, was heißt schon Kultgetränk. Der Begriff ist mir eher fremd. Wenn es andere so bezeichnen – okay. Aber alles kann heute irgendwie zum Kult gehypet werden. Echte Anerkennung bekommst du, wenn zwei Voraussetzungen stimmen. Erstens: Du machst einen guten Job. Ob du Erfolg hast oder nicht, bestimmst du selbst und nicht die anderen. Wenn du deine Sache gut machst, läuft’s. Wenn nicht, dann nicht. Zweitens: Dein Produkt muss relevant sein. Es sind also eher gute Arbeit und Relevanz, die mich motivieren. Das ist das Wertebündel, das nach meiner Erfahrung Erfolg ausmacht und zu Anerkennung führt.


Wie relevant ist fritz-kola denn?

Wir haben ein Produkt geschaffen, das es so noch nicht gab: Eine Kola, die weniger süß schmeckt und mehr Koffein bietet.


Und komplett vegan ist, sowohl in den Bestandteilen als auch im ­Herstellungsprozess …

Ja, aber das mussten wir erst mal lernen. Als das Vegan-Thema vor drei, vier Jahren immer größer wurde und erste Anfragen kamen, ob unsere Produkte denn auch wirklich vegan sind, dachten wir: Hä? Wir machen Süßgetränke! Und wir mischen da bestimmt keine Rindswurst rein. Aber klar, das Thema ist diffiziler. Also haben wir alle Produkte und Prozesse durchleuchtet und auf vegan umgestellt: kein Kasein mehr im Etikettenkleber, kein Klären mit Gelatine, keine Gewinnung von Getränkebestandteilen etwa durch Molke. Auch unsere Vorlieferanten konnten wir dazu bewegen, komplett auf vegan umzustellen. Ein schöner Nebeneffekt.


Wie wichtig ist dir die vegane Idee?

Ich sehe sie als Entwicklung, die in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, wie zuvor schon das Thema Bio und Nachhaltigkeit. Aber hier wie dort finde ich den Prozess wichtiger und spannender als die letzte Konsequenz, etwas 100-prozentig durchzuziehen. Ich selbst esse nur noch sehr selten Fleisch, und dann nur in Bio-Qualität. Die Richtung muss halt stimmen. Das würde als Standard in Deutschland völlig ausreichen, es würde allerdings auch bedeuten, dass das vegane Thema niemals so einen Stellenwert bekommen hätte. Erst der hohe Fleischkonsum hat das Thema als Gegenbewegung so groß gemacht. Und mit Recht! Aus den bunten Naturlandschaften meiner Pfadfinderzeit sind vielerorts Monokulturen und Industriehallen geworden.


Dann ist dir sicherlich auch das Bio-Thema wichtig?

Klar! Ich würde am liebsten alle unsere Produkte auf Bio umstellen. Aber das scheitert leider oft an den Preisen und der Verfügbarkeit, und speziell bei der Kola auch an der Phosphorsäure. Die lässt sich nicht biologisch produzieren, macht aber den spezifischen Kola-Reiz aus.


Und doch habt ihr ein Teilsortiment auf Bio umgestellt …

Ja, unsere Apfelschorle ist seit 2013 Bio, und alle neu entwickelten Schorlesorten ebenfalls. Und wir haben mit Anjola eine alte Marke, die von 1952 bis 2008 auf dem Markt war, wiederbelebt und als reines Bio- und Fairtradegetränk neu positioniert. Schick in einer Mehrweg-Glasflasche in Ananas-Form. Ananas, Mate, Ingwer-Zitrone und Orange laufen richtig gut, nur die Anjola-Kola könnte besser laufen. Das zeigt, dass Bio-Kola noch Entwicklungspotenzial hat.


Bezogen auf dein Unternehmen: Siehst du da auch noch Potenzial?

Auf jeden Fall! Wir wollen den Süßgetränkemarkt prägen und die besten Produkte bieten.


Auf eurer Website steht: „Unser Ziel ist die europaweite Verfügbarkeit und der Sprung über den Großen Teich.“

Ja, aber eins nach dem anderen. fritz-kola ist eine zarte Marke, die auf langfristiges Wachstum setzt. In den meisten europäischen Großstädten sind wir immerhin schon vertreten; na ja, in der Südausbreitung stehen wir erst kurz vor Rom.


Mit Großinvestor ginge es flotter …

Die waren alle schon da, sind aber kein Thema für uns. Wir bleiben eine eigenständige GmbH.



fritz-kola

Die fritz-kola GbR (seit 2008 GmbH) wurde 2003 von den Studenten Mirco Wolf Wiegert und Lorenz Hampl gegründet und etablierte sich schnell v. a. in Norddeutschland in der Szenegastronomie, aber auch im Einzelhandel. Neben der klassischen Kola – mit ihrem hohen Koffeingehalt als Charakteristikum – zählen Limonaden, Schorlen und ein Mate-Tee zum Sortiment. Alle Produkte sind vegan und werden ausschließlich in Glasflaschen abgefüllt. Mehr Infos: www.fritz-kola.de