
VEGANER PIONIER: Donald Watson, Begründer des modernen Veganismus
von Alma Pfeifer
FOTO: PETERSTUART - STOCK.ADOBE.COM; THE VEGAN SOCIETY
Bereits um 1830 entstand im englischen Sprachraum der Begriff „Vegetarian“ für Menschen, die weder Fleisch noch Fisch essen. Gebräuchlich wurde die Bezeichnung mit der Gründung der „Vegetarian
Society“ 1847 in Manchester. Eine Differenzierung zwischen den „Nur-Vegetariern“ und solchen Menschen, die auch den Konsum tierischer Produkte wie Milch und Eier und etwa das Tragen von
Lederschuhen und -textilien ablehnten, fehlte jedoch.
Vegan Society
Dies änderte sich erst, als Donald Watson 1944 das Wort „Vegan“ (aus den ersten drei und den letzten zwei Buchstaben des englischen Begriffs „Vegetarian“) formte. Zusammen mit seiner Frau Dorothy
und einer Handvoll Gleichgesinnter gründete er noch im selben Jahr die „Vegan Society“, die sich von der „Vegatarian Society“ abgrenzte. Diese hatte sich zuvor geweigert, eine eigene Sektion für
vegan lebende Menschen zu bilden.
Für Watson, damals Sekretär der „Vegetarian Society“, war es jedoch ungemein wichtig, die vegane Lebensweise von der vegetarischen zu unterscheiden. Denn Vegetarier, so seine Aussage, seien
zumindest indirekt für die Qual und den Tod von Tieren verantwortlich und beteiligten sich an deren Ausbeutung.
Dabei blickte Watson über den Aspekt der Ernährung hinaus: Er sah keine moralische Rechtfertigung dafür, Tiere irgendwie für menschliche Zwecke zu nutzen. Das Manifest der „Vegan Society“
definiert die vegane Lebensweise so: „So weit wie möglich und praktisch durchführbar sollen alle Formen der Ausbeutung und Grausamkeiten an Tieren für Essen, Kleidung oder andere Zwecke vermieden
und darüber hinaus die Entwicklung tierfreier Alternativen, welche dem Nutzen der Tiere, Menschen und der Umwelt dienen, gefördert werden.“

„Die Schweine waren so freundliche
Kreaturen – immer froh, mich zu sehen“
Donald Watson, Begründer des modernen Veganismus. Er wurde 95 Jahre alt.
Prägendes Erlebnis
Der am 2. September 1910 als Sohn eines Schuldirektors geborene Donald Watson wuchs in einem liberalen Haushalt im englischen Yorkshire auf, in dem der Konsum von Fleisch freilich ganz normal
war. Mit 14 wurde er zum Vegetarier, nachdem er auf dem Hof seines Onkels Zeuge einer Schweineschlachtung wurde. Später erinnerte er sich an seine Erfahrungen auf der Farm: „Ich war umgeben von
interessanten Tieren. Sie ‚gaben‘ alle etwas: Ein Pferd zog den Pflug, ein anderes zog den Einspänner, die Kühe gaben Milch, die Hennen gaben Eier und der Hahn war eine nützliche Alarmanlage …
Die Schafe gaben Wolle. Ich konnte nie verstehen, was die Schweine hergaben, aber sie waren so freundliche Kreaturen – immer froh, mich zu sehen.“
Im selben Jahr verließ Watson die Schule, um als Tischler im Familienbetrieb zu arbeiten. Später wurde er Tischler-Lehrmeister. Mit 32 Jahren verbannte er auch Milchprodukte von seiner
Speiseliste. Er und seine beiden Geschwister lehnten auch Alkohol und Zigaretten ab, was ihre Mutter zu der Aussage brachte, sie fühle sich wie eine Henne, die einen Haufen Enteneier ausgebrütet
habe.
Später interessierte sich der bescheidene, naturliebende Watson vermehrt für die Gärtnerei, insbesondere für den „bioveganen Landbau“, der damals allerdings noch nicht so hieß. Er war überzeugter
Pazifist, der den Militärdienst verweigerte und in der veganen Lebens-
weise ein Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit sah. Zeitlebens war er kritisch eingestellt gegenüber Lebensbedingungen, wie sie mit der Industrialisierung und dem Beginn des Massenkonsums
aufkamen.
Bis ins Alter bescheiden
In seinen späten Jahren drückte er sein Mitgefühl für Tiere so aus: „Ich denke, in den nächsten zehn Jahren werde ich eines Tages nicht mehr aufwachen. Was dann? Es wird eine Beerdigung geben, es
wird eine Handvoll Leute da sein, und es werden all die Geister der Tiere anwesend sein, die ich nie gegessen habe. In diesem Fall wird es eine große Beerdigung werden.“
Donald Watson starb, ein paar Jahre nach seiner Frau Dorothy, mit 95 Jahren, nach einem bis zuletzt geistig wachen und gesunden Leben ohne Medikamente. Am Rampenlicht war er nie interessiert,
sondern immer nur an der Verbreitung seiner Vision einer mitfühlenden Lebensweise, die in Harmonie mit der natürlichen Ordnung steht.
// Donald Watson (1910-2005) //
Donald Watson war mit der Natur eng verbunden und betrachtete den heutigen Massenkonsum von Anfang an kritisch. Der in Yorkshire (England) geborene Tischler und Holzhandwerklehrer gilt
als Begründer des modernen Veganismus. Neben jedem Konsum von Tierprodukten und der „Nutzung“ von Tieren lehnte der Pazifist und Kriegsdienstverweigerer auch Alkohol, Nikotin und andere Drogen
rigoros ab.